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Antonia Kröger, eine Ode an das Schreibertum


"Er ergab sich ganz der Macht, die ihm als die erhabenste auf Erden erschien, zu deren Dienst er sich berufen fühlte, und die ihm Hoheit und Ehren versprach, der Macht des Geistes und Wortes, die lächelnd über dem unbewußten und stummen Leben thront. Mit seiner jungen Leidenschaft ergab er sich ihr, und sie lohnte ihm mit allem, was sie zu schenken hat, und nahm ihm unerbittlich all das, was sie als Entgelt dafür zu nehmen pflegt.
Sie schärfte seinen Blick und ließ ihn die großen Wörter durchschauen, die der Menschen Busen blähen, sie erschloß ihm der Menschen Seelen und seine eigene, machte ihn hellsehend und zeigte ihm das Innere der Welt und alles Letzte, was hinter den Worten und Taten ist. Was er aber sah, war dies: Komik und Elend—Komik und Elend." (Tonio Kröger (1901): S. 92f. 


Vielmehr ist es das Ziel des Autors, Distanz zwischen seine Persönlichkeit und das Geschriebene zu bringen. Um sein Geschriebenes in ein objektivierbares Gewandt zu packen, um seine Person derart in den Hintergrund zu stellen, dass sie gleichgültig und gleichzeitig allgemeingültig wird. Wieso schreiben so viele Autoren darüber, wieso sie schreiben? Das eigene Schreiben, das Bedürfnis, die dem eigenen Schreiben zugrundeliegende Motivation zu ergründen, stellt schon seit eh und je eines der elementaren Motive in der Poesie dar. Und genauso, wie die Autoren es nicht lassen können zu ergründen, wieso sie gerne schreiben, geht es ja letztendlich einfach darum zu ergründen, woher das unersättliche Bedürfnis nach Ergründung kommt.


Schreiben ist der Schlüssel zu Kontingenz, nach Transzendenz. Schreiben lässt uns Offenheit spüren. Schreiben gibt dem endlosen Hin und Her, dem Sich-Selbst-Verlieren in Parallelwelten zur Realität einen Sinn und genau diese Sinnhaftigkeit brauchen wir, weil wir sonst eine Halbexistenz führen. Auch wenn wir die Gedanken zu Papier bringen, ändern das nichts an der nur partiell geführten irdischen Existenz. Jedoch lässt sich die unausweichliche Gespaltenheit unseres Daseins subjektiv für einen Moment vervollständigen. Oder ganz im Gegenteil, lässt sie uns im vollen Bewusstsein der Ambivalenz des Lebens das Existieren kontemplieren.


Schreiben ist ein Abbild der Unvollständigkeit, der Ambivalenz unser Welt und dem Faktum, dass es keine Letztendlichkeit gibt. Ein Abbild der Unwahrheit, der tausend subjektiven Wahrheiten, die das Bild unserer Realität konstruieren. Ein Abbild der tausend Welten, weil am Ende des Tages jeder in seiner Welt Recht hat. Ein Abbild des logischen und unlogischen Denkens, ja, eine Flucht vielleicht. Ein Ort, an dem es kein Richtig und Falsch gibt.


It’s a never ending story, which maybe, just maybe hasn’t even begun...



 
 
 

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