Frühlingsgefühle
- Mona Dean
- 9. Apr. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Schmetterlingssterben (März 24)
Lernen, Schönheit auszuhalten, ohne sie zu teilen
Zumindest nicht unmittelbar, nicht direkt
Nur punktuell und imperfekt
Kleiner Flügel, grosse haarige Fühler
Tausend orangene Sprenkel
Akzeptanz von harmonischem Dasein ohne deine Anwesenheit
Wie könnte ich denn anders
Mit der Vögel freudigem Gezwitscher im Tale
Schmetterlinge landen auf meinen nackten Beinen
Bis meine Beine wieder bedeckt und versteckt
Vor dem Leid der ganzen Welt
Denn auch Schmetterlinge können weinen
Angst, ihre Flügel mit meinen Tränen zu bestäuben
Was wohl wird daraus erwachsen?
Will, dass sie hier bleiben, sie mir gehören, sie mich nie wieder verlassen
Verlernen sollen sie das Fliegen
Sieben Mal puste ich den Schmetterling an, bis er nicht mehr abheben kann
In der Ferne rauschen die Autos, werden übertönt durch das Rauschen meiner Ohren
Welches wird immer lauter
Den Schmetterling zu Hand, wird er Stück für Stück in seine Einzelheiten zerlegt
Bis mir irgendwann ein Licht aufgeht oder der Wind nicht mehr weht
Die Zeit stillsteht
Will das Geheimnis mit der Schönheit und dem Fliegen verstehen
Sonst kann ich von hier, von dir niemals gehen
Denn auch Schmetterlinge sterben
Ich sehe, wie es ist euch allen egal
Aber wenn Schmetterlinge sterben, dann sterben sie auf Erden
Und wenn Schmetterlinge sterben, dann werden
Sie nie wieder fliegen
Schmetterlingssterben
Eine unüberschaubare Landschaft an Schmetterlingssärgen
Tote Flügel färben das Firmament blutrot
Denn auch der Himmel kann weinen
Wie im Himmel so auf Erden
Rote Tränen (April 24)
Rote Tränen sickern aus trockenen Augen
diesmal musst dus mir glauben
und Herz ist so nahe bei Schmerz
Blut so nahe bei Wut
Katatonische Zustände folgen der Hedonie
nie
leere Herzen bluten nicht
es sticht tief
Blut kann auch süss schmecken
flüsterst du sachte in mein Ohr
lässt mich dir das Blut von deinen
rauhen Fingerkuppen lecken
zwei unschuldige Seelen verweilen im Limbus
dem Ort der ewigwährenden Ruhe
wo nackte Leiber sich in Sicherheit wiegen
der Irrtum, dass ein vernarbtes herz nicht mehr brechen kann
dein Griff um meine Kehle lässt mich wieder atmen
holt mich zurück ins Leben
Sternenstaub (März 24)
Wieder einmal ist es die Amsel
Die die letzten Sonnenstrahlen besingt
Die mich stetig belehrt, wie Einsamkeit wirklich klingt
Vor der grossen Fensterfront stehend blicke ich in die Ferne
Wo ich es sehe
das kleine Mädchen mit den roten Locken und den rosa Socken
möchte es klammheimlich zu mir locken
Strecke meine Hand aus
Strecke und recke meinen Körper ganz lang
Und stramm
In die Luft, dem Himmel entgen’
Doch sie entflieht mir, entzieht sich mir
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht
Springt sie im Slalom von Wolke zu Wolke
Es ist wie Rauch mit der blossen Hand einzufangen
Und es bricht
Etwas in mir
Bitte um Hilfe, Fräulein Holle
Das Mädchen, es wird immer kleiner in der Ferne
Irgendwann ist es nur noch ein Punkt
Und Punkte sind sie alle, die Sterne
Vielleicht aber auch mehr
Endlos (Februar 24)
Schlittschuh laufen in der Endlosschlaufe
und nochmals eine Runde
Arabeske
meine Probleme im Rucksack huckepack
laufe auf den Kanten
vorwärts, rückwärts, im Slalom
Alle Varianten
Kenn ich schon
Dreiersprung
Jedes Problem etliche Male in Einzelheiten zerlegt
Kurz verweilt, versucht herauszufinden
unbeholfen Einzelteile mit grünem Garn zusammenbinden
dich zu finden in all dem Chaos
Gegenwende, Pirouette
noch eine Runde, will mich niederlassen in deinem Schoss
pack mich unter deine Bettdecke
wo Weite herrscht und Frieden und bloß bezirzendes Chaos, da ists endlos
end' los!
Schwarzer Regen (Februar 24)
Manchmal träum ich von nicht objektgebundener Liebe
wobei die Liebe dann stets nur noch Gefühl ist
Gefühl bleibt
mit Farbe des subjektiven Empfindens bestrichen
Es ist eine schrittweise Aquise von etwas
das
man mir unwillentlich entnommen
anfänglich gedacht, wir hätten gewonnen
doch wie gewonnen so zerronnen
auch Liebe muss recycelt werden
nein sie kann, denn nichts hätte gemusst
hätten wirs doch besser gewusst
auch Liebe kann sterben
und wenn sie nicht gestorben sind
dann leben sie noch heute
ich sehe euch alle und kann euch wieder fühlen
schwarzer Regen die Misanthropie weggewaschen
Ressentiment sein lassen
schwarze Lavatropfen haben uns alle reingewaschen
weiss leuchtend
sein lassen
Siddharta brauchte sein Leben
um euch allen, nein sich selbst zu vergeben
er misste den schwarzen Regen
wir dürfen wieder in die Höhle
zurück
kalte kahle leere Steinwände
erzählen vom Ende
wir sind heute alle Anfänge gleichzeitig
in der Höhle liegt das Glück
Palmen und Schnee (März 24)
Verzuckert süsse mit Schneekronen verzierte stolz posierende
in Nebelschwaden gehüllte Bergspitzen
besitzen eigentümliche Urmacht
Palmenhaine schnattern fröhlich
und munter mitunter den gesamten Tag
ungehört aber ungestört
lechze zu lauschen, zu verstehen
doch bin ich zu klein
Deswegen näher ich mich der Buchenrinde
so nah, dass ihre Mächtigkeit verschwinde
drücke das linke Ohr ganz fest in den Stamm
bis ich weder sehen noch hören kann
aber ich verstehe
meine Finger verschränken sich
stramm ineinander
rundherum um den Stamm
kurzweilige atomare Einheit
raue Fingerkuppen rascheln
finden sanfte Erleichterung
in zartem frischen Moos
Sags bloss nicht
so könnte dein Haar wachsen
Moschusgeruch nach einem Sommergewitter
erinnert mich bitter an den Geschmack
deiner Achseln, das Dreieck unter deinen Armen
das stets für mich meine Wange reserviert
deine Arme um mich
umarmen mich
vorher
währenddessen
und danach
einsame Steinmännchen
finden auch in Wintersonne
Wonne, Freude, Fröhlichkeit
in ausgewählter Einsamkeit
lebts sich besser als einsam zu Zweit
durchtrennt die Zweisamkeit der Fluss
durch smaragdgrüne eiskalte Wellen
das Leben fliesst und fliesst und fliesst
erbarmungslos immer weiter
Comments