Casa Loca - My madness has a soundtrack to it
- Mona Dean
- 24. Sept. 2022
- 3 Min. Lesezeit
"Der Himmel über Berlin taucht die Stadt in leuchtende Farben, und alle Menschen verfallen in Ekstase" (Himmel über Berlin by Novel Expressions)
Werde schon wieder niedergeschlagen von Erkenntnissen, obwohl ich das Ziel noch nicht annährend erreicht habe. Frage mich, ob ich diese Empfänglichkeit dem Momentum des fahrenden Zuges an sich zu verdanken habe. Oder ist es doch eher die Gemütslage geschuldet dem Ankunftsort? From B to B, the Big Bs. Bis jetzt spüre ich noch keine Zerrissenheit, bin ganz in mein Ich gekuschelt. Lehne mich zurück und schreibe die Sätze nieder vor meinem inneren Auge, schliesse auch den letzten Vorhang meines Bewusstseins; die Tinte meiner gedanklichen Füllfeder verschmiert und zeichnet selbstständig ihre Bilder in mein Unterbewusstsein. Ich werde wach und versuche zaghaft, die Bilder zu fassen. Schreibe mir die Sätze nieder vor meinen inneren Auge, denn mein äusseres Auge ist schon lang dank des anhaltenden Tränenflusses geschlossen. Spüre, wie mich der Zug wieder dem näher bringt, was wirklich wichtig ist. Grosse Fragen, gesamtkontextuelles Empfinden. Bin ein Ping Pong Ball, der sich von Empfindung zu Empfindung gleiten lässt, ohne Frage und mit viel Akzeptanz, das Tor ist endlich wieder geöffnet. Gedankenspiele der Innerwelt.
Diese Zugfahrten machen aus mir regelmäßig ein Löchersieb mit vollständiger Durchlässigkeit für jegliche Regungen und Empfindungen. Und paradoxerweise werden mit jedem zusätzlichen km/h des Zugs meine Gedanken ruhiger.
Systemerror bei der Zugfahrt. Systemerror bedeutet, das Leben in seiner pursten Form zu erfahren. Und ich möchte keine Zukunft, in der Systemerror Asystemmatik bedeutet. Ich möchte keiner inhärenter Systemlogik folgen müssen. Ich will dass jeder Tag mit Systemerror beginnt und endet. Berlin, Systemerror, wenn die Seele wieder atmen kann you know <3
24h in Casa Loca sind wie eine Woche in einem Adventure Park. Subkulturen, throw back. Wir alle in unserer intimsten Version, alle in einem Kontext, alle genau eine Eigenschaft gemeinsam. Wir alle wurde selektiert, um die nächsten 24h in purem Hedonismus zu verbringen und zu verdrängen, was Realität ist. Alle Dimensionen verwischen ineinander, wir werden an unsere primitivsten Grundbedürfnisse erinnert und die tägliche Systematik wird in Frage gestellt. Sehen wir mehr als alle anderen? Wie kann man Gesehenes und Erlebtes ungesehen machen? Ich glaube, irgendwann werde ich so an Völle zugenommen haben, um definitiv nicht mehr in mein Alltagsgewand zu passen. Denn das Alltagsgewand wird kleiner und enger von Tag zu Tag. Ist es nur Verrücktheit, weil der Referenzrahmen dies so bestimmt?
Verschiedenste Wesen kommen mit ihren Eigenheiten von allen Seiten auf dich zu, piksen und stupfen dich an, rütteln Teilaspekte von dir wach. So lange, bis du dich kurz vollkommen fühlst. Du gehst auf wie eine Nachtkerze, unzählige Blätter spriessen in alle Richtungen. Es kann nicht zu viel für dich werden, sondern du nur zu mehr. Exponentionelles Liebeswachstum, never ever too much.
Wieder Zuhause sehe ich die letzten Wolken am Himmel ihre Verfärbung annehmen, langsam finde ich zurück ins Zeitempfinden. Zeiteinheiten dämpfen die Möglichkeit, die Rationierung der Zeit allein durch verschiedene gefühlte Emotionen und Erlebnisse vorzunehmen.
Im Zug zurück, das Tor nun speerangelweit geöffnet. Wie könnte es auch anders sein nach all den Begegnungen und Berührungen, Empfindungen, nach all dem Leid und Kaputtheit, all der Liebe und Dankbarkeit? Wie könnte es auch anders sein nach so vielen Stunden tanzend zum Beat des Lebens, auf dem Podest am Abgrund der Zeit? Und doch verfluche ich die geöffneten Türen, will sie schliessen und mich schützen. Denn wo ich nun hinfahre, da ist kein Platz dafür. Wo ich nun hinfahre, ist alles in Schachteln und Schubladen verpackt, hat alles fix seinen Platz. Ist alles katalogisiert, die Schubladen und Akten stapeln sich in langen Reihen, wechseln sich in ihrem Farbverlauf ab und bilden eine Strasse bis ans Ende des Lebens. Meines Lebens? Mir stellen sich die Nackenhaare auf. Blicke aus dem Fenster in die trübe Herbstsuppe, wünsche mir, für immer in diesem Zug sitzen bleiben zu dürfen. Mir noch ein wenig mehr Zeit für die Transition nehmen zu dürfen. Und wenn ich die Augen schliesse, dann ist mein Kopf ein Bahnhof von durchfahrenden Zügen. Wenn ich die Augen schliesse, höre ich eine leise Melodie von irgendwo zu mir herkommen, passend zu den rastlosen Gedankenzügen, die wahnsinnig und ziellos im Kreis fahren. My madness has a soundtrack to it.
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